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Macron-Scholz: Schwieriger Pariser Gipfel erwartet die deutsche Kanzlerin

von giuseppe     Dienstag 25.10.2022     0 Kommentare



Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und der französische Premierminister Emmanuel Macron werden zweifellos gut gelaunt sein, wenn sie sich in Paris treffen, um über die zukünftige Zusammenarbeit in Europa zu sprechen.


Doch hinter der Freundlichkeit wissen beide Seiten, dass die zentralen Beziehungen der EU so angespannt sind wie selten zuvor.


Bei einer Vielzahl von Themen - Verteidigung, Energie, Wirtschaftsförderung, EU-Erweiterung - ziehen die beiden Länder heute an einem Strang.


Und hinter allem steckt eine Angst, die in Paris schnell zur Besessenheit wird.


Die Franzosen befürchten, dass der Krieg in der Ukraine das geostrategische Regelwerk Europas zerrissen hat, wodurch Deutschland gestärkt und Frankreich an den Rand des Westens gedrängt wurde.


Symbolisch für das Zerwürfnis war die Absage einer bisher routinemässigen Veranstaltung der deutsch-französischen Freundschaft - die regelmässige gemeinsame Sitzung der Kabinette beider Länder.


Nach einer Pause für Covid sollten diese Treffen am Mittwoch in Fontainebleau fortgesetzt werden. Doch angesichts des eklatanten Mangels an Gemeinsamkeiten - und laut Frankreich auch wegen des erklärten Desinteresses einiger deutscher Minister - wurde beschlossen, die Sitzung abzusagen.


Die Ankunft von Herrn Scholz zu einem bilateralen Gipfel mit dem französischen Präsidenten ist ein Versuch, die Differenzen herunterzuspielen, aber niemand macht sich etwas vor.


Die Zeitung Le Figaro beklagte in einem Leitartikel den "eisigen" Zustand der rheinischen Beziehungen, der "das Ergebnis eines tiefgreifenden geostrategischen Wandels ist - einer kontinentalen Verschiebung, die schon vor langer Zeit begonnen hat und die das Gesicht Europas verändern wird".


Nach Ansicht französischer Analysten liegt der Kern dieses Wandels darin, dass der schlummernde Riese Deutschland erwacht und erkennt, dass er sich in einer zunehmend gefährlichen Nachbarschaft selbst bewegen muss.


Für Frankreich ist das eine schlechte Nachricht, denn es stellt eine zentrale Annahme des letzten halben Jahrhunderts in Frage: dass Frankreich im Gleichschritt mit Deutschland nicht nur seinen reicheren und stärkeren Nachbarn in Schach halten, sondern auch seine eigene Vision der europäischen Einheit verwirklichen kann.

Mit fast masochistischem Vergnügen haben französische Kommentatoren aufgezählt, wie Berlin in letzter Zeit lieber seinen eigenen Weg gegangen ist, als eine Einigung mit Paris zu finden.


Bei der Aufrüstung hat Deutschland eine klare Vorliebe für US-Ausrüstung - wie F-35-Kampfjets und Patriot-Luftabwehrsysteme - gezeigt und scheint sich damit zufrieden zu geben, einst gepriesene europäische Verteidigungsinitiativen auf Eis zu legen.


Nach der Kritik, es sei von Russlands Wladimir Putin hinters Licht geführt worden, scheint Deutschland darauf bedacht zu sein, seine östlichen Nachbarn zu beruhigen, indem es sich als europäischer Arm der Nato präsentiert und nicht - wie Frankreich es gerne hätte - als Partner in der EU-Verteidigung.


Im Energiebereich ist Deutschland gegen eine Deckelung der Gaspreise, die Frankreich fordert. Ausserdem möchte Deutschland, dass Frankreich eine neue Pipeline genehmigt, durch die Gas - und später auch grüner Wasserstoff - aus Spanien transportiert werden soll. Doch Frankreich weigert sich.


Und dann ist da noch die Entscheidung Deutschlands, Unternehmen und Haushalten 200 Mrd. € (170 Mrd. £) an Staatshilfen anzubieten, um sie durch die Energiekrise zu bringen.


Für Frankreich wird dies zu schwerwiegenden wirtschaftlichen Verzerrungen führen, da andere europäische Länder mit dieser Höhe der Subventionen nicht mithalten können. Die Deutschen entgegnen, dass Frankreich kaum in der Lage ist, Lektionen über die Ungerechtigkeit von staatlichen Beihilfen zu erteilen.


In einem Artikel mit dem Titel "Das späte deutsch-französische Paar" sagt der altgediente französische Kommentator Nicolas Baverez, dass Frankreich nur sich selbst die Schuld daran gibt, dass es sich über die Jahre von Deutschland in den Schatten stellen liess.


Was jetzt mit dem Ukraine-Krieg passiert ist, hat seiner Meinung nach nur das Ungleichgewicht offenbart, das bereits vorhanden war. "Während Frankreich sich damit begnügt, über Souveränität zu reden, übt Deutschland sie aus", schrieb er.





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